Das eigene Unternehmen beziehungsweise das daraus über Jahre oder sogar Generationen entstandene Vermögen ist für eine Familie ein entscheidender Faktor: Häufig waren Familienmitglieder in der Firma tätig, und die Familie hat gute wie schlechte Zeiten zusammen gemeistert. Dadurch ist eine familienindividuelle Historie entstanden, die auch beim Umgang mit dem Vermögen bedacht werden will.

Dieses Vermögen ist aber auch die wirtschaftliche Basis der Familie. Neben diversen nicht-finanziellen Zielen dient ein Family Office daher in erster Linie dazu, diese wirtschaftliche Basis langfristig zu erhalten oder zu stärken. Bevor es die Arbeit aufnimmt, ist es allerdings notwendig, dass sich die Familie über ihr Vermögensziel Gedanken macht:

  • Sollen mit dem Geld bestimmte Themen verfolgt werden, die für die Familie eine Herzensangelegenheit sind?
  • Dient das Vermögen im Grunde als Spardose?
  • Soll es als Diversifikation zum bestehenden Familienunternehmen genutzt werden?
  • Oder wird mit dem Kapital der Lebensunterhalt bestritten?

Aus diesen Überlegungen folgen die Anforderungen an Erträge und Risiken. Dabei ist eine wesentliche Aufgabe des Family Office, die Ertragsanforderungen und Risikovorgaben mit den realistischen Ertragserwartungen des Kapitalmarkts und vor allem der Risikotragfähigkeit der Familie in Einklang zu bringen.

Die Makro-Ebene

Zu den wichtigsten Fragen, die Familie und Family Office klären sollten, gehört, die Auswirkungen der makroökonomischen Ausgangslage auf Vermögensanlage und -ziele zu bedenken.

Schließlich ist das aktuelle Kapitalmarktumfeld weiterhin von expansiver Zentralbankpolitik, fragilen Staatsschuldenständen, teils hohen Anlagebewertungen und einem tendenziell globalisierungskritischen Politikstil geprägt. Aus dieser Gemengelage ergeben sich Implikationen, die nicht leicht abzuschätzen sind: Können die Staatsschulden dauerhaft über die Steuereinnahmen bedient werden? Kommt es hier zu Zusammenbrüchen und Ausfällen? Oder steigt die Inflation, und die Schulden werden zwar nominal, aber für den Anleger mit realen Wertverlusten zurückgezahlt?

Zu den wichtigsten Fragen, die Familie und Family Office klären sollten, gehört, die Auswirkungen der makroökonomischen Ausgangslage auf Vermögensanlage und -ziele zu bedenken.

Klar ist, dass in den vergangenen Jahrzehnten insbesondere in den USA ein extrem ungleicher Vermögenszuwachs zu tiefen Rissen in der Gesellschaft geführt hat. Viele einfache Tätigkeiten sind weggefallen und werden aufgrund der Digitalisierung unseres Lebensumfeldes auch nicht wieder geschaffen.

Europa kämpft dagegen weiter mit einem starken demografischen Wandel, insbesondere Deutschland dürfte er massiv verändern. Welche Folgen werden diese Anpassungen mit sich bringen? Fest steht, dass auch diesseits des Atlantiks die Digitalisierung viele Geschäftsmodelle ablösen, verändern und mitunter neue entstehen lassen wird.

Make or Buy?

Im Vorfeld sollte eine Familie sich zudem darüber Gedanken machen, wie aktiv sie in die Strukturierung und die Beantwortung dieser Fragen eingebunden sein möchte. Konkret: Welche dieser Themenkomplexe sie selbst bearbeiten und welche Teile sie lieber auslagern möchte. Dabei stellt sich auch die Personalfrage: Wer aus der Familie ist geeignet und willens, eine solche Position zu übernehmen?

Die Auswirkungen dieser Frage führen von einer kompletten Eigenverwaltung bis hin zur Auslagerung sämtlicher Bereiche wie Kapitalmarkt- und Manager-Research, Portfoliomanagement, Vermögens-Reporting und Controlling sowie der Auswahl von Depotbanken und Steuerberater.

Häufig ist ein guter Ausgangspunkt die Betrachtung der eigenen wirtschaftlichen Wurzeln. Hat eine Familie einen Schwerpunkt in einer Branche, wird dieser Bereich oftmals weiter vom eigenen Family Office bewirtschaftet, wie etwa das Immobilienportfolio. Andere Teile werden häufig ausgelagert.

Mehrwert von SAA, TAA und Einzeltitelselektion

Die gesamte Wertschöpfungskette zur Erreichung des Ertragsziels besteht aus den drei Ebenen strategische Asset Allokation, taktische Asset Allokation und Selektionsleistung. Idealerweise wird auf jeder ein Mehrwert generiert.

Die langfristige Vermögensallokation – die Aufteilung von Geldern auf verschiedene Anlageklassen – hat den größten Einfluss auf das langfristige Gesamtergebnis. Wobei der Begriff langfristig hier einen Zeitraum von zehn Jahren und länger umfasst. Es geht, vereinfacht ausgedrückt, um die Frage, ob eine Familie beispielsweise 80 Prozent in Aktien und 20 Prozent in Anleihen investiert oder umgekehrt. Diese Entscheidung ist die sogenannte strategische Asset Allokation, kurz SAA.

Während bei der SAA die Rendite des jeweiligen Marktes vereinnahmt wird, das Beta, wird bei der taktischen Asset Allokation (TAA) versucht, durch Abweichungen von der langfristigen Allokation eine Mehrrendite zu erzielen. Das ist das sogenannte Alpha. Dazu geht der Vermögensverwalter kurz- bis mittelfristig Über- oder Untergewichtungen in den Anlage- und Sub-Anlageklassen ein.

Die Selektionsleistung enthält die Entscheidung auf der Einzelpositionsebene und hat im Gegensatz zur allgemeinen Auffassung den geringsten Einfluss auf das Gesamtergebnis.

Vertrauen ist gut ...

Die Vermögensbuchhaltung bildet die Basis für viele Auswertungen und ist in der Family-Office-Systemlandschaft entscheidend. Hier werden sämtliche vermögensrelevanten Geschäftsvorfälle erfasst, die in der Unternehmensbuchhaltung zu Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz, Cashflow-Rechnung, Ertrags- und Aufwands- sowie einer Performance-Rechnung verarbeitet werden.

Ein wichtiger Teil des Gesamtprozesses besteht im Controlling und der Erfolgs- und Misserfolgsanalyse. Allgemeine Controlling-Aufgaben umfassen die Kontrolle von Kosten, Kursen und Abrechnungen sowie die Darstellung von Risiken, wie etwa Klumpenrisiken. Und es geht darum, ob die vereinbarten Anlagerichtlinien eingehalten wurden.

Wesentlich für ein gutes Vermögenscontrolling ist auch die Messung der Ergebnisse auf jeder der drei Anlageebenen: Dadurch wird die Beurteilung von Allokations-Entscheidungen erst möglich. Die zu Beginn formulierten Ertrags- und Risikoziele werden dazu im Reporting mit den erzielten Ergebnissen abgeglichen. So kann beurteilt werden, ob die getroffenen Entscheidungen auf den verschiedenen Entscheidungsstufen richtig oder falsch und wie stark die Auswirkungen waren.

Diese Erfolgskontrolle ermöglicht es einer Familie, Abweichungen von den ursprünglichen Zielen zu erkennen und bei Bedarf gegenzusteuern. In diesem Bereich geht es um Fragen wie:

  • Mit welchen Risiken wurden die Ziele erreicht?
  • Kam es zu Zielverfehlungen? Und wenn ja: Wie kam es dazu?
  • Wurde in die richtigen Anlageklassen investiert?
  • Führte eine nachteilige Auswahl auf Einzelpositionsebene zu einer Planabweichung?

Es ist die Aufgabe des Family Offices, gemeinsam mit der Familie passgenaue Antworten auf die hier thematisierten Fragen zu finden und für die Familie in einem griffigen Reporting festzuhalten.

Werden diese Punkte beachtet, steht auch einer optimalen Strukturierung des Familienvermögens nichts mehr im Wege.

preller_peter_600_600
Peter Preller
Managing Partner | Kundenberater
HQ Trust
Peter Preller, LL.M. ist seit dem Jahr 2011 als Senior Kundenbetreuer bei HQ Trust in Bad Homburg tätig und berät ganzheitlich komplexe Kundenvermögen. Der Diplom-Kaufmann und Managing Partner verfügt über rund 20 Jahre Berufserfahrung in den Bereichen Family Office und Vermögensverwaltung – vor allem bei der Beratung und Betreuung großer Privatvermögen, Familienverbünde und Stiftungen.
Inhalt
Da keine vermögende Familie der anderen gleicht, gilt es bereits im Vorfeld einige Fragen zu klären, bevor ein Vermögen optimal strukturiert werden kann. Welche Punkte besonders wichtig sind.
Inhaltsverzeichnis
  1. Die Makro-Ebene
  2. Make or Buy?
  3. Mehrwert von SAA, TAA und Einzeltitelselektion
  4. Vertrauen ist gut ...