Vor dem ersten Treffen gibt es zum Teil noch Vorbehalte, danach finden sie immer wieder statt. Im Interview erklärt Kundenberaterin Kerstin Rasch Hintergründe und Bedeutung von Familientagen. Sie spricht über mögliche Themen, den Umgang mit Konflikten – und die Notwendigkeit organisatorischer Rahmenbedingungen.

Sie veranstalten gemeinsam mit Ihren Mandanten immer wieder Familientage, Frau Rasch. Worum geht es bei diesen Treffen?

Bei den Familientagen geht es vor allem darum, den Zusammenhalt in der Familie zu stärken. Häufig sollen nachfolgende Generationen stärker eingebunden oder an Aufgaben herangeführt werden. Zum Teil sprechen die Familien dort aber auch über grundlegende Themen. Etwa über das Familienvermögen oder darum, wie sich die Familie künftig aufstellen, Entscheidungen treffen oder Konflikte lösen möchte. Wir helfen bei der Organisation und moderieren diese Tage, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Woran liegt das?

Dafür kann es viele Gründe geben. Schon allein die Größe der Familie spielt hier eine wichtige Rolle. Oder die zunehmende Entfernung von den Gründern des Familienvermögens – oftmals Unternehmer. Manchmal möchte die Gründergeneration sukzessive Verantwortung an die Kinder abgeben, manchmal geht es bereits um den Übergang von der dritten auf die vierte Generation oder noch weiter. Als Faustregel gilt: Je weiter wir auf der Zeitschiene vom Gründer entfernt sind, desto weniger steht bei diesen Tagen die Firma im Vordergrund.

In diesen Fällen gibt es sicherlich auch mehr Familienmitglieder…

In der Tat. Früher war klar, dass eines der Kinder später das Unternehmen führen wird. Da ging es zum Teil nur noch darum, wer das sein wird. Heute ist das längst nicht mehr so klar. Die nachfolgende Generation hat zum Teil ganz andere Vorstellungen und Ziele und möchte sich vielleicht eher selbst verwirklichen.

Was hat sich noch verändert?

Die räumliche Situation ist häufig eine andere. Früher haben große Teile der Familie in der Nähe des Firmensitzes gelebt. Heute geht es immer wieder über Ländergrenzen hinweg, was es schwieriger machen kann, ein Familiendenken zu vermitteln, bei dem es um gemeinsame Werte geht. Auch dafür sind solche Tage gut.

Wie oft finden Familientage statt?

Das ist abhängig von den Zielen, die wir gemeinsam mit unseren Mandanten erreichen wollen. Je nach Ausgangslage empfehlen wir ein bis vier Familientage pro Jahr. In aller Regel treffen sich die Familien dafür zweimal pro Jahr.

Welche Art von Familientagen macht denn am meisten Spaß?

(lacht) Bislang haben alle Spaß gemacht. Besonders spannend sind sicherlich zwei Arten von Familientagen. Zum einen ist das der Fall, wenn die jüngere Generation über grundsätzliche Fragen noch nicht oder nur wenig informiert wurde. Beispielsweise darüber, wie groß das Vermögen ist. In diesen Fällen übernehmen wir die Kommunikation und Schulung, oft gemeinsam mit den Eltern und je nach Themenschwerpunkt auch mit weiteren vertrauten Dritten wie etwa dem Steuerberater. Dadurch können sich im Folgenden alle besser in das Thema einbringen.

Und zum anderen?

Familientage, die ohne die Eltern stattfinden. Die Kinder dürfen dann alle Fragen loswerden, die sie sich im Beisein ihrer Eltern vielleicht nicht trauen würden zu stellen. Beispielsweise weil sie nicht zugeben möchten, dass sie sich mit einem Thema nicht gut auskennen.

Dann sind diese beiden Arten von Familientagen aber nicht die Regel?

Nein, wobei die Unterschiede hier wirklich sehr groß sind. Das fängt schon damit an, wie formell – oder informell – der Tag ausgestaltet sein soll. Häufig gehen wir am Vorabend mit der Familie gemeinsam Essen. Am Folgetag kann es dann um die Fragen rund um das Vermögen gehen oder wie die Familienstruktur aussieht, beziehungsweise aussehen soll.

Schon allein bei Fragen rund um das Vermögen dürfte die Bandbreite groß sein …

In der Tat. Das kann von den Grundlagen, etwa was Aktien und Anleihen sind, bis hin zu komplexen Themen gehen. Zum Beispiel, was eine Strategische Asset Allokation ausmacht und was im konkreten Fall mit der Familie erarbeitet wurde. Oder um die Schulung der Familienmitglieder zu illiquiden Anlageklassen wie Immobilien, Private Equity oder Private Debt.

Wie lange geht denn ein solcher Familientag?

Auch da gibt es große Unterschiede. Zuletzt waren es beispielsweise fünf Stunden. Es ist sehr wichtig, die Zuhörer nicht zu überfordern. Details kann man dann in Folgeterminen erklären. Dass bei Anleihen die Kurse fallen, wenn die Zinsen steigen, ist immer wieder eine Klippe. Aber auch Fragen rund um die Stimmrechte beim Familienunternehmen können schwierig sein. Und was geschieht bei einem Erbfall? Was ist mit der Veräußerbarkeit von Anteilen?

Wie oft spielt das Thema Nachhaltigkeit eine Rolle?

Diese Frage wird gerade von den jüngeren Generationen zunehmend häufiger gestellt. Wobei es hier auch zwei unterschiedliche Themenbereiche gibt. Sie dachten vermutlich an Nachhaltigkeit bei der Geldanlage. Aber es geht mindestens genauso oft darum, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln – für die Familie oder das Unternehmen. Wobei hierbei in einem ersten Schritt immer darüber innerhalb der Familie diskutiert wird, was für diese Familie Nachhaltigkeit überhaupt bedeutet.

Da könnte es unterschiedliche Meinungen geben …

Sie haben Recht. Das Thema wird meist von der jüngeren Generation auf die Agenda gesetzt. In aller Regel einigen sich die Familienmitglieder aber recht schnell auf ein Grundverständnis.

Wie endet denn ein Familientag?

(lacht) In aller Regel in guter Stimmung. Aber Sie meinten sicherlich etwas anderes. Wichtig ist, dass er damit endet, dass die Familie ein gemeinsames Verständnis für einzelne Themen entwickelt hat oder, anders ausgedrückt, dass ein Ergebnis oder zumindest Teilergebnis erzielt wurde. Bei der Vielzahl an Themen, die besprochen wurden, ist es zudem wichtig, dass gewisse Formalitäten eingehalten werden. Dabei hilft ein Protokoll, das geschrieben und noch einmal in die Runde geschickt wird und von allen genehmigt werden muss.

Ein Protokoll? Bislang klang es recht locker …

Das ist es oft auch. Allerdings sind Familientage weit davon entfernt, dass man sich da hinsetzt und ein wenig berieseln lässt. Diese Tage sind viel Arbeit, für alle Beteiligten. Das fängt schon beim rechtzeitigen Einladungsversand an. Es geht um die Vorbereitung von Inhalten. Darum, Entscheidungsvorlagen in die Runde geben. Häufig ist es sinnvoll, dass die jüngere Generation einen Teil der Organisation übernimmt: Ob dies fachlich oder eher organisatorischer Natur ist, ist dabei nicht entscheidend. Auch hier leisten wir als Family Office Unterstützung.

Nehmen Familientage zu?

Auf jeden Fall. Vor dem ersten Familientag gibt es zum Teil noch erhebliche Vorbehalte: ein Familienarbeitstreffen? Muss das wirklich sein? Aber am Ende sind doch alle froh, dass der Familientag stattgefunden hat – und freuen sich schon auf den nächsten.

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Kerstin Rasch
Executive Partner | Kundenberatung
HQ Trust
Kerstin Rasch beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren und seit 2016 in unserer Niederlassung in Düsseldorf mit der Beratung und Betreuung von Family Office-Mandanten. Zu den Schwerpunkten ihrer Tätigkeit als Executive Partner zählen die generationsübergreifende Steuerung und Strukturierung dieser Vermögen. Die zertifizierte ESG-Beraterin verfügt über eine langjährige Erfahrung in der Beratung von vermögenden und hochvermögenden Kunden.